Verstirbt ein Mensch, geht alles, was er besitzt, auf seine Erben über. Denjenigen, der verstirbt, bezeichnet das Gesetz als Erblasser. Diejenige Person, die Erbe wird, kann auf zwei Wegen Erbe werden. Der Erblasser kann in einem Testament oder in einem Erbvertrag genau zu bestimmen, wer ihn beerben soll. Er ist aber nicht verpflichtet, eine solche letztwillige Verfügung zu errichten. Errichtet er, egal aus welchen Gründen auch immer, kein Testament, stellt das Gesetz sicher, dass es dennoch einen Erben gibt. Dies ist die gesetzliche Erbfolge. Dazu geht das Gesetz von der Familienerbfolge aus. Dies bedeutet, dass das Vermögen des Erblassers mit dessen Tod auf seine nächsten Angehörigen übergeht. Das Gesetz bezeichnet diese Angehörigen als die gesetzlichen Erben, die infolge der gesetzlichen Erbfolge als Erbe bestimmt werden. Die gesetzliche Erbfolge ist also die Standardregelung für den Fall, dass der Erblasser keine letztwillige Verfügung hinterlassen hat. Damit stellt das Gesetz sicher, dass der Erblasser von irgendwem beerbt wird und irgendwer Rechtsnachfolger des Erblassers wird und dessen Rechte und Pflichten übernimmt.

System der Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge ist in §§ 1924 ff BGB geregelt. Zu den Verwandten des Erblassers, die als gesetzliche Erben in Betracht kommen, gehören zunächst diejenigen Personen, die mit dem Erblasser in gerader Linie verwandt sind. In gerader Linie verwandt sind die Kinder des Erblassers sowie deren Kinder, die Eltern und Großeltern des Erblassers. Gesetzliche Erben sind aber auch die mit dem Erblasser in der Seitenlinie verwandten Personen. Dazu gehören seine Geschwister, Vettern und Cousinen sowie deren Abkömmlinge. Da das Erbrecht insoweit auf das Verwandtenerbrecht abstellt, kommt es vor, dass jemand Erbe wird, der über einen Ur-Ur-Ur-Großvater mit dem Erblasser verwandt ist. Neben den gesetzlichen Erben kommt aber auch der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner des Erblassers als Erbe zum Zuge. Um die gesetzlichen Erben zu bestimmen, die infolge der gesetzlichen Erbfolge als Erbe zum Zuge kommen, teilt das Gesetz die in Betracht kommenden Erben in Ordnungen ein. Um bei komplexen Familienverhältnissen die gesetzliche Erbfolge festzustellen, kann es sich empfehlen, einen Stammbaum zu zeichnen.

Überblick zur gesetzlichen Erbfolge

1. Ordnung: Abkömmlinge (Kinder, Kindeskinder) des Erblassers
2. Ordnung: Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge
3. Ordnung: Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge
4. Ordnung: Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge
5. Ordnung: Ururgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge

Entsprechend der Einteilung nach Ordnungen, bestimmt das Gesetz aus dem Kreis der Verwandten des Erblassers dessen gesetzliche Erben. Ein Verwandter bleibt allerdings von der Erbfolge ausgeschlossen, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist. Bei der gesetzlichen Erbfolge ist also zunächst zu prüfen, ob ein zur 1. Ordnung gehörender Verwandter des Erblassers lebt. Hinterlässt der Erblasser also nur ein einziges Kind, scheiden alle anderen Verwandten, die zur 2. Ordnung gehören, als gesetzliche Erben aus.

Auch innerhalb einer Ordnung erbt vorrangig der am nächsten mit dem Erblasser Verwandte. Hinterlässt der Erblasser ein Kind, schließt das lebende Kind das eigene Kind, also das Enkelkind des Erblassers, von der Erbfolge aus. Es repräsentiert seinen Stamm. Das ist das Repräsentationsprinzip. Erst wenn das Kind des Erblassers verstirbt, kommt das Enkelkind zum Zuge. Dies ist das Eintrittsrecht. Das Eintrittsrecht besteht auch, wenn der nähere Abkömmling (z.B. Kind) die Erbschaft ausgeschlagen hat, für erbunwürdig erklärt wurde, auf die Erbschaft verzichtet hat oder durch Verfügung von Todes wegen durch den Erblasser enterbt wurde. Ihm folgt das in der Ordnung nachfolgende Familienmitglied (z. Enkelkind).

Lebende Kinder und Kindeskinder (1. Ordnung) schließen Verwandte nachfolgender Ordnungen von der gesetzlichen Erbfolge aus. Hinterlässt der Erblasser beispielsweise seine Mutter und ein Enkelkind, erbt nur das Enkelkind, nicht aber die Mutter, obwohl diese gradmäßig näher mit dem Erblasser verwandt war als das Enkelkind. Erst wenn niemand mehr aus der 1. Ordnung lebt, erben Verwandten der 2. Ordnung. Verwandte der 3. Ordnung erben erst, wenn auch kein zur 2. Ordnung gehörender Verwandter mehr am Leben ist. Das Gesetz bezeichnet das System als Parentelsystem (parentel = Elternteil). Das System bevorzugt die Jüngeren gegenüber den Älteren.

Erbrecht des Ehegatten

War der Erblasser verheiratet oder lebte in eingetragener Lebenspartnerschaft, gehört auch der überlebende Ehegatte zu den gesetzlichen Erben. Seine Erbquote bestimmt sich danach, zu welcher Ordnung die übrigen Verwandten des Erblassers gehören und in welchem Güterstand die Ehegatten lebten. Hinterlässt der Erblasser Kinder, erbt der überlebende Ehegatte ein Viertel des Nachlasses. Der Rest steht den Kindern anteilmäßig zu. Lebten die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, erhöht sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein weiteres Viertel, mit dem der Zugewinn pauschal ausgeglichen wird. Der überlebende Ehegatte erbt neben Kindern also die Hälfte des Nachlasses.

Erbrecht des Staates

Hinterlässt der Erblasser keine Angehörigen, erbt der Staat als gesetzlicher Erbe. Der Staat erbt auch dann, wenn alle Erben die Erbschaft ausgeschlagen haben, was vorwiegend bei überschuldeten Nachlässen der Fall ist. Der Staat übernimmt aber nur Vermögenswerte, haftet aber für eventuell bestehende Verbindlichkeiten des Nachlasses nur mit dem Nachlass selbst. Der Staat hat kein Recht, die Erbschaft auszuschlagen.