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Wer ein Testament oder einen Erbvertrag errichtet, kann darin zusätzlich ein Vermächtnis aussetzen. Unter Vermächtnis versteht das Gesetz die „Zuwendung eines Vermögensvorteils“ (§ 1939 BGB). Diejenige Person, die den Vermögensvorteil erhalten soll, ist Vermächtnisnehmer. Der Vermächtnisnehmer kann zugleich auch Erbe sein, muss aber nicht. Meist besteht die Absicht des Erblassers darin, seinen Erben zu verpflichten, einer dritten Person oder einer Institution aus bestimmten Gründen einen Vermögensvorteil zukommen zu lassen. Der Vermächtnisnehmer wird mit dem Erbfall nicht direkt Eigentümer, sondern muss seinen Anspruch gegenüber dem Erben oder der Erbengemeinschaft ausdrücklich geltend machen. Die Erben sind dann verpflichtet, das Vermächtnis zu erfüllen.
Gegenstand eines Vermächtnisses
Typisches Beispiel: Der Erblasser war Tierliebhaber und verpflichtet den Alleinerben im Testament dazu, dem örtlichen Tierschutzverein nach seinem Ableben aus dem Nachlass einen Betrag von 5000 € zukommen zu lassen. Gegenstand eines Vermächtnisses kann jeder Vermögensvorteil sein. Es kommen somit Sachen, Forderungen, Geldbeträge, die Zahlung einer Rente, die Befreiung von einer Verbindlichkeit (z.B. Darlehensschuld), die Einräumung eines Wohnrechts in einer Eigentumswohnung oder die monatliche Ausbildungshilfe für den Enkel in Betracht.
Unterscheidung Erbeinsetzung oder Vermächtnis
Das Vermächtnis ist keine Erbeinsetzung. Es begründet für den Vermächtnisnehmer lediglich das Recht, von dem Erben das Vermächtnis einzufordern. Mit dem Erbfall wird der Erbe Eigentümer des Nachlasses und der dazugehörigen Vermögenswerte. Er ist aber verpflichtet, dem Vermächtnisnehmer den zu gewendeten Vermögensvorteil zu übergeben. Manche Testamente sind so formuliert, dass nicht klar ist, ob der Erblasser ein Vermächtnis oder eine Erbeinsetzung gewollt hat. Die Beurteilung hängt davon ab, ob der Erblasser den Dritten unmittelbar am Nachlass beteiligen wollte (dann Erbeinsetzung) oder nur einen Anspruch auf Zuwendung eines Vermögensvorteils begründen wollte (dann Vermächtnis). Um hier Klarheit zu schaffen, bestimmt § 2087 Abs. II BGB, dass in Zweifelsfällen ein Vermächtnis anzunehmen ist, wenn der Erblasser dem Dritten nur einzelne Gegenstände aus seinem Vermögen zuwenden wollte. Umgekehrt bestimmt § 2087 Abs. I BGB, dass eine Erbeinsetzung anzunehmen ist, wenn der Dritte das Vermögen oder einen Bruchteil des Vermögens erhalten sollte. Beispiel: Der Erblasser formulierte: „Mein Bruder Heinz soll all mein Hab und Gut erhalten“.
Unterschied vererben – vermachen
Bisweilen verwenden Erblasser im Testament auch unglücklicherweise die Formulierungen „vererben“ und „vermachen“. Sie setzen beide Begriffe gleich. Vererben bezieht sich aber auf das Erbe, vermachen bezieht sich eher auf ein Vermächtnis. Um Fehlinterpretationen zu vermeiden, sollte das Wort „vermachen“ nur für ein Vermächtnis verwendet werden, „vererben“ für die Erbeinsetzung.
Vorausvermächtnis
Ein Vermächtnis kann auch als Vorausvermächtnis zu verstehen sein. In diesem Fall wendet der Erblasser einem Erben ein Vermächtnis zu. Der Erbe erhält dieses Vorausvermächtnis ohne Anrechnung auf seinen Erbteil zusätzlich vorab aus dem Nachlass. Die Erbquoten werden nach dem verbleibenden Nachlass ohne den vorab vermachten Gegenstand berechnet. Der Erbe erhält das Vorausvermächtnis auch dann, wenn er die Erbschaft ausschlägt. Soll das Vorausvermächtnis hingegen auf den Erbteil angerechnet werden, handelt es sich um eine Teilungsanordnung des Erblassers, in der er seinen Nachlass in seinem Sinne unter den Erben aufteilt.
Wozu dient ein Vermächtnis?
Wer ein Testament errichtet und darin seine Erbfolge regelt, hat oft das Bedürfnis, anderen Personen Vorteile zukommen zu lassen, ohne dass diese Person aber gleichzeitig auch Erbe werden soll. Die Erbeinsetzung erscheint also oft als zu pauschal. Dann eröffnet das Vermächtnis Wege, Dritte dennoch zu bedenken. Der Erblasser kann eine Person, die ihn vielleicht im Leben begleitet und Interesse und Teilhabe an seinem Leben gezeigt hat oder der Gesellschaft wertvolle Dienste geleistet hat, seinen Dank ausdrücken. Vielleicht möchte auch einfach nur, dass sein Enkelkind die Briefmarkensammlung fortführt oder eines seiner Kinder, das ihn aufopferungsvoll und selbstlos gepflegt hat, in das Familienwohnhaus einzieht. Oder wenn der Erblasser an einer Krebserkrankung leidet, möchte er vielleicht die Krebsforschung unterstützen und lässt einer auf diesem Gebiet tätigen gemeinnützigen Organisation einen Geldbetrag zukommen, um die Forschung und Information und Aufklärung über die Krankheit zu fördern. Vermächtnisse sind wie Zeugnisse. Derjenige, der mit einem Vermächtnis bedacht wird, darf sich ausgezeichnet fühlen, sei es für besondere emotionale Verbundenheit, für seine liebevolle Zuwendung oder für besondere Leistungen oder für sein uneigennütziges und gemeinnütziges Engagement. Der Vermächtnisnehmer dürfte oft freudig überrascht werden, wenn erfährt, dass er auf diese Weise bedacht wurde. Das Vermächtnis ist damit auch eine Möglichkeit, das Andenken an den Erblasser zu bewahren.
Vorteile eines Vermächtnisses
Aus rechtlicher Sicht besteht der Vorteil eines Vermächtnisses darin, dass der Vermächtnisnehmer nicht Erbe und damit auch nicht Teil einer Erbengemeinschaft wird. Er braucht sich nicht um die Aufteilung des Nachlasses zu kümmern, er braucht sich nicht mit anderen Miterben um den Nachlass zu streiten und haftet auch nicht für Verbindlichkeiten des Nachlasses. Soweit der Erblasser einem Erben zugleich auch ein Vermächtnis aussetzt (Beispiel: Mein Sohn soll meine Gartenzwergensammlung erhalten) wird das Vermächtnis nicht auf den Erbteil angerechnet. Der Erblasser stellt aber sicher, dass seine Sammlung der Person oder dem Erben zufällt, der er vertraut, die Sammlung in seinem Sinne fortzuführen. Die Erben sind dann verpflichtet, dem Vermächtnisnehmer den zugedachten Vermögenswert auszuhändigen. Sobald der Vermächtnisnehmer Kenntnis vom Erbfall erhält, kann er das Vermächtnis einfordern. Er braucht dafür keinen Erbschein.